Die uns Katzen angeborene Neugier, kann zur Last werden und ich bin sogar mit einer Extraportion gesegnet. Meine extreme Neugier nimmt fast skurrile Züge an. Es gibt Tage, da hat sie mich voll im Griff – eine panische Angst etwas zu verpassen packt mich, unruhig laufe ich mein Gehöft ab, schaue überall nach, ob „was ist“. Eine besondere Anziehung übt dabei das Wohnhaus auf mich aus, besonders wenn ich nicht weiß, wo E+T sind und was sie gerade tun. An diesen besonderen Tagen, mache ich mich spätestens nach zwanzig Minuten auf den Weg und schaue nach, was los ist, wo meine Menschen sind und was sie treiben.
Es war wieder einer dieser Tage, ich hatte Esther schon länger nicht gesehen. Auf unserem Telefon im Stall sah ich, dass sie nicht telefonierte.
Grübel, grübel – „Was macht sie nur….“, also rüber zum Küchenfenster – ich musste das unbedingt klären, die Unruhe hatte mich gepackt. Hüpf, auf die Fensterbank und einen Blick in die Küche geworfen. Da saß sie, am Küchentisch, vor sich ein Buch.
„Veg….“ soviel konnte ich erkennen – für mich, die Intelligenzbestie unter den Katzen, war sofort klar, irgendein Buch über vegetarische Küche, die ja nicht so mein Ding ist. Ich spreche aus Erfahrung, habe ich doch bereits einen Selbstversuch (klicken Sie mal) hinter mir, erinnern Sie sich, ich berichtete Ihnen davon.
Psycho
Plötzlich sprang sie auf, schnappte sich ein Messer und lief zur Haustür. Mit einem Riesensatz sprang ich von der Fensterbank und raste um´s Haus – da stand sie in der Tür, das Messer in der Hand; mich erinnerte es ein wenig an „Psycho“ (dididididi – sie erinneren sich? Geile Musik) – sie hatte auch so einen irren Psycho-Blick.
Gespannt, wie ein Flitzebogen heftete ich mich an ihre Fersen, fast kam ich mir vor wie Sam Spade (das liegt an meinem Hang zu alten Humphrey Bogart Filmen). Esther lief suchend durch den Garten, ich hinterher. Plötzlich blieb sie stehen, bückte sich und fing an, irgendwelche Pflanzen abzusäbeln. Als ich mich näherte, sah ich, dass es Unkraut war – Blumen waren es auf keinen Fall!
Da sie vorher in das Buch geschaut hatte, dachte ich voller Entsetzen:
„Die werden das doch nicht essen! Irgendwann stehen die Zwei noch auf der Pferdeweide und grasen mit Aurora und Lano um die Wette.“
Esther schnitt ein beachtliches Bündel der ominösen Blätter ab und nahm sie mit hinein. Sofort rannte ich wieder zum Küchenfenster, um zu sehen, was passierte.
Oh Mann, die Vegetarier
Vegetarische Kost… es kann ja jeder machen, was er will – für mich ist es wie gesagt nichts, Katzen sind Raubtiere, Fleischfresser eben eingefleischte Nicht-Vegetarier.
Esther gibt sich mit der fleischlosen Kocherei sehr viel Mühe, wobei Tommys vegetarische Schiene zum größten Teil aus Kartoffelchips, Gummi-Mäusen und Negerküssen besteht. Hier ist er jedoch sehr qualitätsbewusst und wählerisch.
Bei den Gummi-Mäusen müssen es unbedingt die von Haribo sein, liegt vielleicht daran, dass er Harald Riegel, die Lichtgestalt der Gummi-Maus-Produktion, König der Lakritzschnecken, Mr. Gummibär himself, einmal auf einer Veranstaltung kennengelernt hat – war wohl ein einschneidendes Erlebnis.
Bei den Mohrenköpfen ist es genauso, es müssen Super-Dickmanns sein. Als Tommy noch ein Teenie war (im letzten Jahrtausend) wohnte die Familie Dickmann in seiner Nachbarschaft – die Schaumkuss-Fabrik war zu der Zeit noch eine kleine Klitsche aber er ist der Marke bis heute treu geblieben. So ist es mit allen Süßigkeiten, er kauft nur die eine Sorte Chips oder Kekse, E+T essen nur eine Sorte Lakritz (dänische Salzlakritz, würg) u.s.w.
Kill Bill
Ich schweife schon wieder ab, es wird immer schlimmer mit mir. Kaum zurück auf der Fensterbank vor der Küche, riss Esther erneut ihr Samurai-Schwert an sich und eilte an mir vorbei (Kill Bill – zum Glück habe ich die Filme alle gesehen).
Runter von der Fensterbank und hinterher, diesmal erntete sie ein gewaltiges Bündel Estragon (das stand zumindest auf einem kleinen Schildchen im Kräuterbeet), inzwischen konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, wie dieses Dinner aussehen würde.
Das Unkraut riss Esther klein und mixte es mit Olivenöl und „haste-nicht-gesehen“ im Mixer auf. Ich möchte Sie nicht länger auf die Folter spannen, ich mache schließlich keine literarische Koch-Show, das Zeug war Bärlauch und wurde zu einem Bärlauch-Pesto verarbeitet.
Was für ein Menü, wü.. (ich schreibe es lieber nicht aus)
Kennen Sie den Spruch: „Grün kacken die Gänse im Mai“? – genau so hat das Pesto ausgesehen, sehr gewöhnungsbedürftig. Voller Entsetzen stellte ich mir vor, Esther würde mir morgens statt Crème fraîche Bärlauch-Pesto zu meinem Futter reichen. Boah, was für ein furchtbarer Gedanke.
Sie möchten endlich wissen, was es gab? Esther machte gedämpften Spargel (es ist doch gerade Spargelzeit, da essen die das öfter, puuh) mit Estragon-Sauce und Bärlauch-Pesto, dazu gab es neue Kartoffeln, fertig.
Na ja, wem´s schmeckt, ausgesehen hat es nicht schlecht, ich hätte es aber nicht gebraucht und wegen diesem drittklassigen Menü – na gut, zweitklassig (wegen der Veganer) – tut mir jetzt, von der schmalen Fensterbank, der Hintern weh.
Man kann getrost sagen, ich leide unter „schmerzhafter Neugier“ – nee, was bin ich gestraft. Ich versuche zwar dagegen anzukämpfen, diese elende Neugier ist ein schweres Leiden, eine richtige Krankheit ist das!
Vielleicht kann es der eine oder die andere nachvollziehen, es soll ja auch neugierige Frauen geben und Männer sind eh fast so neugierig wie Katzen.
Falls ich Ihnen das Rezept besorgen soll, melden Sie sich (meiner Meinung nach können Sie sich das sparen).