Welch toller Nachmittag, er entschädigte mich für all die Wochen voller Langeweile, die ich hinter mir habe.
Mr. T. bei der Kirschernte… supi, supi, supi
Die vergangenen Jahre erledigten das die Stare – waren die Kirschen reif, fielen sie in einem riesigen Schwarm ein und ernteten den Baum ab. Zack, bumm, patsch innerhalb von zwei Stunden war die Kirschernte durch.
Dieses Jahr hat uns die Vogelschar versetzt, dabei gibt es Kirschen bis zum Abwinken.
In Ermangelung fliegender Helfer musste Mr. T. oder besser gesagt Signore Bertani das selbst übernehmen (Sie kennen doch Frau Bertani, die Mon-Cherie-Kirschbeauftragte?).
Esther hatte letzte Woche bereits angefangen, da Herr Bertani aushäusig war – wichtige Auswärtstermine, wie immer wenn es Arbeit gibt!
Bei Esther lief das alles total unspektakulär ab, sie schnappte sich einen Eimer und pflückte Kirschen, laaaangweilig.
Ganz anders Signore Bertani, der pflückt nach eingehender Planung, mit superpraktischen Gerätschaften, verschiedenen Leitersorten und Flüche kannst Du von dem lernen, echt sagenhaft.
Inzwischen kenne ich den großen Meister so gut, dass ich an seinem Gesicht ablesen kann, wenn sich spektakulöse Ereignisse anbahnen. Dann heißt es sich sputen, um bloß nichts zu verpassen, ich lasse alles stehen und liegen und renne Mr. T. hinterher.
Als erstes umrundeten wir den Kirschbaum, unser Kirschbeauftragter murmelte unverständliche Dinge in seinen nichtvorhandenen Bart und fixierte die zu pflückenden Früchte. Er versuchte scheinbar sie durch Hypnose vom Baum zu holen, was gründlich misslang.
Nein, zwei fielen tatsächlich herunter – er kann wohl doch ein bisschen hypnotisieren. Es reichte jedoch nicht, um den Eimer vollzukriegen.
Jetzt hieß es „Hand anlegen“, er schnappte sich den Eimer und los ging´s. Zupf, zupf, zupf schon waren 20 Kirschen gepflückt, nicht mal der Boden bedeckt.
Pause…. Signore Bertani starrte in das Sammelgefäß und schüttelte sein greises Haupt. Er musste an die Äste mit den vielen Kirschen, nur wie?
Erst einmal Werkzeug holen, er kam mit einer Unkrauthacke zurück, so eine mit drei Haken. Damit schnappte er sich einen Ast und pflückte drauf los. Das ging eine Weile, bis der Kirschzwerg die Früchte nicht mehr erreichte. Nun kam die erste Leiter zum Einsatz, die normale Haushaltsleiter. Er stieg die Stufen hoch und stellte den Eimer auf die letzte, zupf, zupf.
Es dauerte nicht lange, da merkte der Kirschgnom, dass er höher rauf musste, er kam schlicht nicht an die Kirschen.
Jetzt stellte sich das Problem ( „so eine verdammte Schxxxxe“), dass er nun den Eimer halten musste.
Mit einer Hand zog er den Ast runter, mit der anderen hielt er den Eimer und mit der dritten (hahaha) fing er an zu pflücken.
Das Fehlen der dritten Hand machte Hr. B. wett, indem er sich den Eimergriff zwischen die Zähne klemmte (Hr. Bertani hat noch die Eigenen).
Jetzt sah er zwar nicht mehr, ob was im Eimer landete oder daneben, egal. Er fuchtelte sich vor der eigenen Nase herum und klatsch fiel die Brille runter…. „Kann ich gleich aufheben, sehe ja eh nicht, was im Eimer ist“.
Als er die Leiter umstellen musste, trat er natürlich auf seine Augengläser, fluch!
Pause…. erstmal rein, die Brille geradebiegen (Herr Bertani-Fielmann ist nebenbei noch Optiker).
Weiter im Takt… Eimer in die Schnauze und weitergepflückt. Einige neue Flüche hatte ich bereits im Hinterstübchen, als Zwerg Bertani merkte, dass mit der Haushaltleiter nix mehr geht.
Eine längere Leiter musste her, was nicht das Problem war, wir haben sie in allen Längen. Unser Kirschbeauftragter lehnte die Anstell-Leiter an den Baumstamm.
Er erklomm sie und merkte, dass innen im Baum keine Kirschen hängen. Deshalb probierte er doch tatsächlich auf die Äste zu klettern, der Typ ist fast 60 und entsprechend ungelenk (gut, es gibt auch gelenkige Senioren…. aber nicht hier!).
Bei seinen Kletterversuchen wurde der Kleine Dicke Ritter gewahr, dass dies wegen eines minimalen Gewichtsproblems nix wird, auf gut Deutsch: „Oblong Fitz Oblong ist einfach zu schwer für die Äste… man kann auch sagen zu fett! Ein übergewichtiger, ungelenker Kirschbeauftragter, typisch Ulmenhof!
Zähneknirschend holte Oblong, jetzt wieder Hr. Bertani, die lange Klappleiter und stellte sie unter volle Zweige.
Es konnte weitergehen, mit frischem Schwung, neuem Elan, blablabla.
Einige Kirschen später donnerte es, der Regen folgte auf dem Fuße. In meinem ganzen Leben habe ich noch niemanden gesehen, der sich dermaßen über einen Regenschauer gefreut hat. Jeder Sahara-Bewohner nimmt dagegen sogar Sturzregen geradezu unbeteiligt hin.
„Esther ich mache weiter, wenn es aufgehört hat.“
Das war gestern, geregnet hat es heute den ganzen Tag nicht. Aber, die Leitern stehen noch…. man weiß ja nie.
Ich bleibe für Sie am Ball!